Franziska Senn praktiziert als Biodynamische Körpertherapeutin

Biodynamik – über den Körper die Seele heilen

Zuger Presse: Körpertherapie – was ist darunter zu verstehen?

Franziska Senn: Die meisten Körpertherapien gehen auf die Lehre Wilhelm Reichs zurück: Um gesellschaftskonform zu werden, bildet jeder Mensch um den Kern seines Wesens eine Sekundärpersönlichkeit. Das Unterdrücken von Gefühlen führt zu Blockaden auf den verschiedenen Körperebenen, die Energie kann nicht mehr ungehindert fliessen. Muskelpanzerung führt zu Charakterpanzerung: Gefühle wie Trauer, Wut, Angst, Freude, Lust können nicht mehr adäquat wahrgenommen werden.

Woher kommt Biodynamik?

Begründerin dieser neureichianischen Therapie ist die in London lebende 75-jährige Physiotherapeutin und Psychologin Gerda Boyesen. Sie entdeckte den Zusammenhang zwischen Entspannung und den entsprechenden Darmgeräuschen. Durch Massagen brachte sie angestaute Körperflüssigkeiten zum Fliessen, dieses «Verdauen» von Stress-/Hormonüberresten nannte sie Psychoperistaltik, als Erweiterung der Peristaltik, das heisst die Darmbewegungen beim Verdauen von Nahrungsmitteln.

Franziska Senn,
Therapeutin in Biodynamik,
Zug

Wie funktioniert die biodynamische Therapie?

Als Einstieg eignet sich die Biorelease-Methode, bei der nicht vordergründig mit verdrängten Gefühlen gearbeitet wird. Mit verschiedenartigen Massagetechniken wird versucht, Blockaden zu schmelzen. Dazu dient ein Stethoskop, welches die Darmgeräusche für KlientIn und TherapeutIn hörbar machen. Der Klient/die Klientin soll sich auf körperlicher und emotionaler Ebene berührt und erfasst fühlen. So kann der Selbstheilungsprozess stattfinden, um zur ursprünglichen Spontaneität, Kreativität und Vitalität zurückzufinden.

Wie werden TherapeutInnen für Biodynamik ausgebildet?

Die Biodynamische Psychologie und Körperarbeit wird während einer dreijährigen berufsbegleitenden, intensiven Grundausbildung erlernt und erfahren. Ganz wichtig ist der eigene Prozess, ein Klient kann nur auf dem Weg begleitet werden, den man selber gegangen ist. Anschliessend folgt eine zweijährige «Advanced»-Weiterbildung mit supervisionierter Therapietätigkeit.

Welche Eigenschaften muss eine Therapeutin mitbringen?

Die Therapietätigkeit erfordert einen tiefen Respekt vor den individuellen Lebensgeschichten; ein Akzeptieren von Widerständen, welche als wichtiger Schutz vor Verletzungen dienen – mit allen Sinnen präsent zu sein und mit dem Klienten/der Klientin in eine klare Beziehung zu treten.

INTERVIEW THERESE MARTY

Erschienen Zuger Presse, Mittwoch 12. Mai 1999 Nr. 55